Wo wir sind

Unser Wirkungsort liegt im westlichen Teil des Bundesstaates Madhya Pradesh, genauer gesagt im Distrikt Jhabua, wo sich in der Stadt Meghnagar der Bischofssitz der Diözese Jhabua befindet. Die Diözese Jhabua (https://www.jhabuadiocese.com/) ist unser Partner vor Ort, der unsere Projekte sehr gewissenhaft umsetzt und sich auch um den laufenden Unterhalt unserer Schulen, der Wohnheime und des Spitals mit grossem Einsatz kümmert. Mit der Diözese haben wir also einen sehr engagierten und verlässlichen Partner vor Ort gefunden, was eine Grundbedingung für unsere Arbeit in Indien darstellt, da wir als Privatpersonen weder Grundbesitz erwerben, noch ein Spital oder gar einen Schulbetrieb in Indien führen dürfen. Obwohl wir mit einem Bistum zusammen arbeiten, sind wir aber strikte NICHT religiös oder gar missionarisch tätig.

  Unser Wirkungsort

Der Bundesstaat Madhya Pradesh zählt zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten des Landes. Im "Index der menschlichen Entwicklung" erreichte Madhya Pradesh 2015 den 27. Platz unter den 29 Bundesstaaten Indiens. Hinsichtlich der Bevölkerung steht Madhya Pradesh mit rund 73 Millionen Einwohnern an fünfter Stelle unter den indischen Bundesstaaten. Die Bevölkerungsdichte ist mit 236 Ew./km² deutlich geringer als der indische Durchschnitt (382 Ew./km², Zensus 2011). 70,6 Prozent der Einwohner können lesen und schreiben (Männer 80,5 Prozent, Frauen 61 Prozent). Die Alphabetisierungsrate liegt damit unter dem Landesdurchschnitt von 74 Prozent (Stand jeweils Volkszählung 2011). Im Zeitraum von 2010 bis 2014 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung 64,2 Jahre (der indische Durchschnitt betrug 67,9 Jahre), womit der Bundesstaat eine der niedrigsten Lebenserwartungen des Landes aufwies. Es ist ausserdem der Bundesstaat mit dem grössten Anteil an Stammesbevölkerung; 15 Millionen Menschen oder 21 % der Einwohner zählen sich zu den Adivasi, den indischen Ureinwohnern.

Zusammen mit den unberührbaren Kasten (Dalits) gehören die Adivasi zu den ärmsten Menschen in Indien. Als Nicht-Hindus werden sie neben den Dalits in der indischen Gesellschaft trotz gegenteiliger Gesetze (als Scheduled Tribes räumt ihnen die indische Verfassung Minderheitenrechte ein) nach wie vor als Ausgestoßene benachteiligt.

Das anhaltende Wirtschaftswachstum Indiens drängt die Ureinwohner derzeit weiter an den Rand. Im Zuge von Großprojekten, Erschließung von Industriestandorten und Tourismusregionen werden Adivasi beim Bau von Staudämmen, bei der Erschließung von Rohstoffen, Ansiedlung von Schwerindustrie, Straßenbau oder für Natur- und Freizeitparks großflächig umgesiedelt oder gar vertrieben. Um die Lebenssituation der Adivasi zu verbessern, wurden von der indischen Regierung zum einen Schutzgesetze erlassen, zum anderen zahlreiche spezifische Programme und Projekte durchgeführt. Doch weder die Gesetze – etwa das Verbot der Übertragung von Adivasi-Land an Nicht-Adivasi, Landreformen, das Verbot der Schuldknechtschaft oder von Alkoholhandel in Adivasi-Gebieten – noch die Programme und Projekte zur Infrastrukturentwicklung, Gesundheitsförderung und Armutsbekämpfung konnten ihre Lage nachhaltig verbessern, denn sie blieben lückenhaft, wurden kaum umgesetzt oder gehen an der Lebenswirklichkeit der Adivasi vorbei.

  Slum in der Nähe von Dhar  

In den Adivasi-Gebieten arbeiten auch zahlreiche nichtstaatliche Organisationen (NGOs). Sie bieten soziale Dienstleistungen an, engagieren sich u. a. für Bildung, Infrastrukturentwicklung, Bewusstseinsbildung oder Umweltschutz und unterstützen die zunehmend gruppenübergreifenden Allianzen und Organisationen, Frauenorganisationen und Selbsthilfegruppen, in denen die Adivasi selbst für die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen kämpfen.

Eine dieser NGOs ist unser Hilfswerk "Together": Seit 2003 setzt sich unser Verein dafür ein, die katastrophalen Lebensbedingungen der Adivasi in unserem Projektgebiet zu verbessern. Mit Hilfe von Spendengeldern unterstützt der Verein die Missionsstationen in den Distrikten Jhabua und Dhar und deren umliegende Dörfer. Der Bevölkerungsanteil der indigenen Bevölkerung der Adivasi macht in den besagten Distrikten ca. 90% aus. Die Menschen leben dort in weit verstreuten Dörfern meist unter der Armutsgrenze als landlose Bauern in Selbstversorgung. In einer Gegend, die immer wieder von langen Dürreperioden heimgesucht wird, stellt dies wirklich existentielle, wenn nicht gar lebensbedrohliche Umstände dar. Die dadurch resultierende Mangelernährung und die völlig unzureichende medizinische Versorgung verschärfen die bedrohliche Lebenssituation und sind verantwortlich für die hohe Kindersterblichkeit. Probleme wie die hohe Analphabetenrate, die Mitgiftproblematik und die Landflucht sind weitere Ursachen für die zunehmende Verelendung der Stammesgesellschaften.

Unsere Hilfe findet daher einerseits in den Dörfern selbst, wie auch in den Missionsstationen der Diözese Jhabua statt. Wobei der Begriff "Missionsstationen" hier etwas irreführend ist, da Konversion in diesem und anderen Bundesstaaten Indiens verboten ist. Es sind eigentlich "Parishes", also Pfarreien und werden von uns vor allem mit Infrastrukturprojekten wie dem Bau von Schulen, Wohnheimen, Solaranlagen und durch den Unterhalt und die Anschaffung von medizinischem Equipment für das Jeevan Jyothi Hospital des Bistums unterstützt. Dazu kommt der vollumfängliche Betrieb eines Programms gegen Unterernährung von Kindern. Die meisten der rund 30 Pfarreien des Bistums führen auch Internatsbetriebe und Schulen und beherbergen damit hunderte von Kindern aus den Dörfern. Die Kinder erhalten in den Missionen täglich warmes Essen, Kleidung, medizinische Versorgung und nicht zuletzt die dringend erforderliche Schulbildung. Ganz nach dem Motto: "Der Weg aus der Armut ist der Schulweg."

Die Auswahl der Hilfsaktionen in den Dörfern wird von der der Idee der „Hilfe zur Selbsthilfe“ begründet. In Gesprächen mit den Dorfältesten vor Ort werden die dringlichsten Probleme auf Augenhöhe besprochen und gemeinsam nach Lösungen gesucht. Von zentraler Bedeutung sind vor allem Projekte in den Bereichen Gesundheit, Ausbildung und Landwirtschaft. Die Nahrungsmittelgewinnung gestaltet sich durch die allgemeine Wasserknappheit und wiederkehrende Dürreperioden als besonders schwierig.

Durch unsere alljährlichen Reisen nach Indien war es uns möglich, bisher über 20 Adivasi-Dörfer (meist vom Stamm der Bhil) persönlich zu besuchen. Diese Besuche sind immer sehr eindrücklich für uns, wie auch für die Einwohner selbst, die zum Teil noch niemals in ihrem Leben Europäer gesehen haben. Bei unseren Besuchen nehmen wir einen Augenschein der Situation im jeweiligen Dorf, überwachen bereits begonnene oder auch schon abgeschlossene Projekte und nehmen auch neue Anliegen der Dorfbewohner auf. Wobei die Fathers der Diözese Jhabua, die ebenfalls aus der Adivasi-Gesellschaft stammen, als Kontaktpersonen und Übersetzer eine unentbehrliche Hilfe darstellen und ohne die wir keinerlei Möglichkeit hätten, die Menschen wirklich in ihren Dörfern besuchen und mit ihnen sprechen zu können. Im Kontakt mit den Dorfbewohnern werden wir mit Problemen konfrontiert, die von so existentieller Art sind, dass es für uns teilweise kaum vorstellbar ist, dass die Menschen hier überhaupt leben können. Trotzdem wurden wir überall sehr herzlich empfangen und die Leute teilen sogar das Wenige, das sie haben mit uns. So wurden wir unzählige Male zum Tee oder sogar zum Essen eingeladen. Trotz der dort herrschenden Armut ist Gastfreudschaft oberstes Gebot und eine grosse Ehre für uns.